Sie haben es schon wieder getan. Die früher landeseigene, von der Rüttgers-Regierung aber privatisierte LEG hat einen erneuten Versuch gestartet, ihre Mieter zu unnötigen Mieterhöhungen zu überreden. Zahlreiche Mieter haben in den letzten Wochen ein Schreiben der heutigen Tochter des Finanzinvestors Goldmann/Sachs bekommen, mit dem ihnen eine "Mietpreis-Garantie" schmackhaft gemacht werden soll. Der Haken: Die Mieter sollen zuvor einer freiwilligen Mieterhöhung zustimmen. Und die ist happig.
Jürgen Rother aus der Ernestinestraße in Bochum Hiltrop hat seine Erfahrungen mit Mieterhöhungen der LEG. Erst im Frühling dieses Jahres hatte der Mieterverein ein Mieterhöhungsverlangen der Gesellschaft zurückgewiesen. Die LEG hatte "vergessen", die im Mietspiegel vorgesehenen Abschläge für ein Durchgangszimmer und für fehlende Warmwasserversorgung in der Küche zu berücksichtigen. Ausdrücklich bestätigte das Unternehmen im April, dass eine Mietanpassung derzeit nicht "erforderlich" sei. Auf Deutsch: Der Mieter zahlte bereits, was der Mietspiegel hergibt. Keine Mieterhöhung möglich.
Doch schon im November versuchte es die LEG erneut. Wie 100e andere Mieter in NRW erhielt er ein Schreiben, mit dem ihm eine Mietpreis-Garantie für zwei Jahre angeboten wurde, wenn er zuvor einer Mieterhöhung zum 1. Dezember um 20 € zustimmen würde. Bezogen auf seine bisherige Miete sind das stolze 9,4 Prozent.
Der Mieterverein hält das nicht für ein gutes Angebot. Pressesprecher Aichard Hoffmann: "Zum 1. Dezember tritt in Bochum ein neuer Mietspiegel in Kraft, bei dem die Werte nur um 2,5 Prozent steigen. Er wird zwar nur eine Laufzeit von 13 Monaten haben, aber dass im nächsten Mietspiegel die Werte dann um die restlichen 7 Prozent steigen, ist keinesfalls zu erwarten. Und selbst wenn hätten die Mieter den höheren Betrag dann 13 Monate länger gezahlt als nötig."
Die LEG begibt sich erneut in eine unrühmliche Tradition: Schon vor zwei Jahren hatte sie versucht, ihren Mietern eine freiwillige Mieterhöhung nach § 557 BGB aufzuschwatzen. Damals tat sie aber – anders als heute – alles, um die Freiwilligkeit zu verschleiern, handelte sich jede Menge Ärger ein und musste schließlich einen Rückzieher machen. Und wiederum einige Jahre zuvor hatte ein anderer Wohnungsriese, die Gagfah, versucht, ihren Mietern eine "Flatrent" anzudrehen: Zwei Jahre Festpreis gegen 10 Euro mehr.
Das besonders perfide damals: Es bekamen nur solche Mieter diese "Angebote", bei denen eine "normale" Mieterhöhung nach § 558 BGB (Mietspiegel) nicht möglich war, weil die Grenzen des Mietspiegels bereits ausgeschöpft oder gar überschritten waren.
Die bisher aufgetauchten Fälle sprechen dafür, dass es diesmal genauso ist. Am 22. November versammeln sich knapp 30 LEG-Mieter im "Wohnzimmer" in der Alsenstraße, einem selbst organisierten Nachbarschafts-Treff. Im Umkreis gibt es rund 100 LEG-Wohnungen. Viele Mieter sind verunsichert.
Mit Hilfe des nagelneuen Mietspiegels, der am 1. Dezember in Kraft tritt (siehe S. 11) ist, kann der eingeladene Mieterverein vorrechnen, was passieren könnte, wenn die Mieter nicht zustimmen: Nichts, in den meisten Fällen. Denn viele Mieter zahlen schon jetzt ca. 5,11 € pro qm, den Wert für die Baualtersklasse 1930 bis 1969. Tatsächlich gebaut sind die Häuser aber zwischen 1927 und 1929. Der Wert dafür im Mietspiegel: 4,69 €.
Hoffmann: "Wer jetzt schon eher zu viel als zu wenig Miete zahlt, fährt bestimmt nicht gut dabei, einer weiteren Mieterhöhung zuzustimmen - freiwillig oder unfreiwillig."
TIPP:
Der Mieterverein rät allen LEG-Mietern, zunächst zu prüfen, wo ihre Miete im Vergleich zum aktuellen Mietspiegel liegt. Nur wenn sie deutlich niedriger ist, kann sich das LEG-Angebot unter Umständen lohnen. Ansonsten kann man den Brief getrost ins Altpapier werfen – er hat keinerlei Rechtsfolgen. Wer Schwierigkeiten hat, seine Wohnung korrekt in den Mietspiegel einzuordnen, dem hilft die Rechtsberatung. Den neuen Mietspiegel gibt‘s bei uns oder unter www.mieterverein-bochum.de
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