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8. Dezember 2010 (Bundespolitik)

Scherbenhaufen

Die Bundesregierung hat begonnen, ihre wohnungspolitischen Wahlversprechen einzulösen und arbeitet die Forderungen der Vermieterverbände ab. Mietrecht, Wohngeld, Wohnungs- und Städtebauförderung - nichts ist sicher vor Merkel & Co.

Wenn Elefanten sich durch Porzellanläden bewegen, hinterlassen sie Scherbenhaufen. Als besonders schwergewichtige Elefanten gerieren sich zurzeit Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Wohnungsminister Peter Ramsauer. Der Portellanladen ist die Wohnungspolitik der Bundesregierung. Da wird bald keine Tasse mehr im Schrank sein, denn jetzt wird die Koalitionsvereinbarung umgesetzt.

Wohngeldkürzung
Der Bundesanteil für das Wohngeld soll um 100 bis 130 Millionen Euro gekürzt werden. Die erst 2009 eingeführte Heizkostenkomponente soll ersatzlos wegfallen. Für die 800.000 Wohngeldempfänger- Haushalte in Deutschland kann dies zu monatlichen Kürzungen zwischen 10 und 30 Euro führen. Dies trifft die einkommensschwächsten Haushalte in Deutschland, insbesondere Rentner-Haushalte und Geringverdiener mit einem Durchschnittseinkommen von 583 Euro (1-Personen-Haushalt) oder 765 Euro (2-Personen-Haushalt). Die zahlen heute schon über 40 % ihres Einkommens für die Miete. Die Bundesregierung will diese Wohngeldkürzungen ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft setzen, obwohl das Wohngeld je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert wird. Bis heute sind alle Wohngeldgesetze durch Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Außerdem drohen den Kommunen spürbare Mehrausgaben über ALG II, wenn das Wohngeld gekürzt wird.

Städtebauförderung
Die Bundesregierung will die Mittel für die Städtebauförderung um 150 auf dann nur noch 455 Millionen Euro kürzen. Betroffen von diesen Plänen sind vor allem die Programme Soziale Stadt (minus 66 Mio. €), Stadtumbau Ost und Stadtumbau West (je minus 10 Mio. €). Die Förderung aktiver Stadt- und Ortsteilzentren sowie kleinerer Städte und Gemeinden wird dagegen ausgebaut. Die betroffenen Städten sowie die Bauminister der Länder haben die Kürzung scharf kritisiert. Vielleicht deswegen kamen die ursprünglichen Pläne, die Mittel auf nur noch 305 Mio. Euro zu halbieren, wieder vom Tisch. Dennoch werden bewährte Instrumente zur Sicherung bezahlbaren Wohnens, zur sozialen Stadtentwicklung und zum Erhalt sozialer Durchmischung von Wohngebieten an die Wand gefahren. Zum anderen fallen Investitionen nicht nur in Höhe der gekürzten Bundesmittel weg. Die Städtebauförderung wird durch die Länder und Kommunen komplementär finanziert, so dass künftig auch diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Gleichzeitig löst 1 Euro Städtebauförderung 8 Euro Folgeinvestitionen aus. Die Städtebauförderung ist also ein hocheffektives Investitionsprogramm, schafft Arbeitsplätze und führt zu höheren Steuereinnahmen und Sozialbeiträgen. Die Kürzung macht daher auch ökonomisch keinen Sinn.

Mietrecht
Endlich soll es dem vielbeschworenen "Mietnomaden" an den Kragen gehen. Dazu wird erstmals seit der großen Mietrechtsreform von 2001 das Mietrecht wieder angepackt. Hier will die Bundesregierung einen neuen Kündigungsgrund für Vermieter schaffen: Er soll fristlos kündigen dürfen, wenn der Mieter mit seiner Kautionszahlung im Rückstand ist. Gegen Untermieter soll der Vermieter einen schnellen Räumungstitel im Wege der einstweiligen Verfügung erwirken können.

Tatsächlich reicht das geltende Mietrecht völlig aus, gegen die wenigen Mietnomaden wirksam vorzugehen. Das Problem ist eher, dass Vermieter viele Monate warten müssen, bis die Gerichte über die Kündigung und die Räumung der Wohnung entschieden haben. Hier würde die gesetzlichen Kodifizierung der so genannten "Berliner Räumung" eher helfen als eine Änderung des Mietrechts.

Energetische Sanierung
Die Bundesregierung hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben und die Bedeutung der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes richtig erkannt. Doch statt hier nach Kräften die Förderung auszubauen, wird das schon bestehende Programm zusammengestrichen. Stattdessen, so Bundeskanzlerin Merkel im September, sollen die Mieter zahlen - das sei nur "fair". Mehr zu den Plänen im Schwerpunktthema auf den Folgeseiten.


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