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13. September 2012 (Bundespolitik)

Energetische Sanierung: Reden wir über die Kosten

Wer die Musik bestellt, zahlt sie auch. Dieser einleuchtende Grundsatz gilt nicht bei Modernisierungen von Wohngebäuden - auch nicht bei energetischen Sanierungen. Das geltende Mietrecht sieht vor, dass die Mieter allein für die Kosten aufkommen. Und daran will die Bundesregierung auch nichts ändern, im Gegenteil. Doch in den Schrumpfungsregionen des Ruhrgebiets, wo das Wohnungsangebot größer ist als die Nachfrage, haben manche Unternehmen Schwierigkeiten, die gesetzlich erlaubten Mieterhöhungen durchzusetzen. MF hat sich umgehört.

Die volle energetische Sanierung einer 70 qm großen Wohnung aus den 50er Jahren kostet 50.000 €, hat der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft ausgerechnet. Werden tatsächlich - so, wie es das Gesetz vorsieht - 11 % dieser Kosten auf die Jahresmiete umgelegt, steigt die monatliche Belastung des Mieters von 350 auf 810 €. Selbst wenn 10.000 € für einfließende Instandhaltungsarbeiten abgezogen werden, wird sich die Miete mehr als verdoppeln.

Außer Angela Merkel glaubt niemand in Deutschland, dass dies durch sinkende Heizkosten wieder hereingeholt werden kann. Und auch Vermietern ist klar, dass solche Beträge sowohl von den jetzigen als auch von potentiellen Mietern kaum einer aufbringen kann.

"Wir können die vom Gesetzgeber vorgesehene 11-%-Umlage auf dem Bochumer Mietermarkt nicht umsetzen", sagt zum Beispiel Norbert Riffel, Geschäftsführer der halbstädtischen Bochumer VBW, mit 13.500 eigenen und weiteren 1.500 verwalteten Wohneinheiten größte Wohnungsgesellschaft der Stadt. Nicht nur sein Unternehmen sucht deshalb andere Lösungen.

Teillösungen

"Wir gehen in den einzelnen Quartieren sehr differenziert vor. Nicht überall nehmen wir eine volle energetische Sanierung vor. Es gibt Teilsanierungen, und oft legen wir auch nur einen Teil der Kosten auf die Miete um. Wir nehmen auch kaum noch KfW-Mittel in Anspruch, weil dann Standards eingehalten werden müssten, die zu unzumutbaren Mietsteigerungen für die Mieter führen würden."

Mitunter werden Modernisierungspläne auch ganz beerdigt. "Wir haben durchaus schon geplante energetische Modernisierungen und Sanierungen nicht durchgeführt, da bei der Bewohnerschaft überwiegend die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung standen", erklärt Hermann Gleich, Vorstandsvorsitzender der Bochumer Wohnstätten Genossenschaft (BWG).

Verzichte

Zwar peilt die BWG nach einer Modernisierung stets die Marktmiete an, also diejenige, die sie nehmen würde, wenn sie die Wohnung neu vermieten würde. Die kann auch über dem Mietspiegel liegen. Aber eine strikte Anwendung der 11-%-Regel hält auch Hermann Gleich für überwiegend am Markt nicht durchsetzbar: "Auch sehr wichtig für uns ist die finanzielle Leistungskraft der Mieter, die bei jeder Entscheidung Berücksichtigung findet. Bei schwierigeren finanziellen Verhältnissen einzelner Mieter erhöhen wir teilweise auch in Stufen über einen Fünf-Jahres-Zeitraum, bis die Zielmiete erreicht ist. Auch spielt die Lage des Objektes und die langfristige Einschätzung des Standortes bei der Entscheidung wie umfangreich saniert werden soll eine wichtige Rolle."

Sonderweg in Hattingen

Ein noch ganz anderen Weg geht die Hattinger Wohnungsgenossenschaft hwg eG, mit 4.200 Wohnungen die größte Wohnungsanbieterin am Ort. Seit einigen Jahren modernisiert sie mit hohem Aufwand die Südstadt, ihr "Kernland", wo sie fast 1000 Wohnungen besitzt, an denen sich seit den 50er Jahren nicht viel verändert hat. Jetzt werden dort über einen Zeitraum von 10 Jahren im Schnitt 1.700 Euro pro qm investiert. Dabei entstehen Niedrig- und sogar einige Null-Energie-Häuser - ein Standard, der im Altbau normalerweise gar nicht erreichbar ist.

Das hat natürlich Auswirkungen auf die Mieten, die im Schnitt um 1,45 € pro qm steigen. Allerdings betrifft das nicht alle Mieter gleich. Bestandsmieter, die schon vorher dort gewohnt haben, werden weitgehend geschont. Möglich wird das, weil neu hinzugekommene Wohnungen sich so gut vermieten lassen, das hier quasi eine Quer-Subventionierung stattfindet. Bis zu 8,00 €/qm zahlen zum Beispiel Neumieter in einem Passiv-Haus. Bestandsmieter wohnen hingegen in voll-modernisierten Wohnungen für durchschnittlich 5,50 €/qm.

David Wilde, Vorstand der hwg, begründet das so: «Wir stehen bei unseren langjährigen Mietern, die die Wohnung mit ihren Mieten schon drei mal bezahlt und jahrzehntelang alles selbst gemacht haben, in der Schuld, uns bei den unvermeidlichen Mieterhöhungen zurückzuhalten. Und das Interesse bei neuen Mietern an diesen Wohnungen ist so hoch, dass wir Wartelisten haben, obwohl die Mieten deutlich über dem Mietspiegel liegen.»

Das Konzept geht auf. Obwohl etliche Häuser nur in unbewohntem Zustand modernisiert werden konnten, die Mieter also mindestens einmal umziehen mussten, hat die hwg insgesamt in den bisher fertiggestellten Bauabschnitten nur 15 Prozent der Mieter verloren. Da, wo im bewohnten Zustand modernisiert wurde, waren es sogar nur 7 Prozent. Wilde: «Wir haben unseren Mitgliedern versprochen: Wir wollen Sie alle mitnehmen! Ich glaube, das Versprechen haben wir gehalten.»

Gerade ältere Mieter, die noch in verhältnismäßig großen Wohnungen lebten, haben auch zu einem einfachen Mittel gegriffen, ihre Mieten erträglich zu halten: Sie sind in eine kleinere Wohnung im gleichen Viertel gezogen, so dass ihre Belastung jetzt nicht oder nur wenig höher ist als vorher.

Für die hwg rechnet sich das Gesamtprojekt auch aufgrund von Neubau, der sich besonders gut vermarkten läst.

Das hat natürlich Auswirkungen auf die Mieten, die im Schnitt um 1,45 € pro qm steigen. Allerdings betrifft das nicht alle Mieter gleich. Bestandsmieter, die schon vorher dort gewohnt haben, werden weitgehend geschont. Möglich wird das, weil neu hinzugekommene Wohnungen sich so gut vermieten lassen, das hier quasi eine Quer-Subventionierung stattfindet. Bis zu 8,00 €/qm zahlen zum Beispiel Neumieter in einem Passiv-Haus. Bestandsmieter wohnen hingegen in voll-modernisierten Wohnungen für durchschnittlich 5,50 €/qm.

David Wilde, Vorstand der hwg, begründet das so: «Wir stehen bei unseren langjährigen Mietern, die die Wohnung mit ihren Mieten schon drei mal bezahlt und jahrzehntelang alles selbst gemacht haben, in der Schuld, uns bei den unvermeidlichen Mieterhöhungen zurückzuhalten. Und das Interesse bei neuen Mietern an diesen Wohnungen ist so hoch, dass wir Wartelisten haben, obwohl die Mieten deutlich über dem Mietspiegel liegen.»

Das Konzept geht auf. Obwohl etliche Häuser nur in unbewohntem Zustand modernisiert werden konnten, die Mieter also mindestens einmal umziehen mussten, hat die hwg insgesamt in den bisher fertiggestellten Bauabschnitten nur 15 Prozent der Mieter verloren. Da, wo im bewohnten Zustand modernisiert wurde, waren es sogar nur 7 Prozent. Wilde: «Wir haben unseren Mitgliedern versprochen: Wir wollen Sie alle mitnehmen! Ich glaube, das Versprechen haben wir gehalten.»

Gerade ältere Mieter, die noch in verhältnismäßig großen Wohnungen lebten, haben auch zu einem einfachen Mittel gegriffen, ihre Mieten erträglich zu halten: Sie sind in eine kleinere Wohnung im gleichen Viertel gezogen, so dass ihre Belastung jetzt nicht oder nur wenig höher ist als vorher.

Mehr Südstadt

Für die hwg rechnet sich das Gesamtprojekt auch aufgrund von Neubau, der sich besonders gut vermarkten lässt. 61 Wohnungen entstanden völlig neu, teilweise auf Gelände, auf dem vorher abgerissen werden musste, teilweise durch Nachverdichtung. Durch Neubau und Vergrößerungen entstanden bisher über 6000 qm zusätzliche Wohnfläche, deren Vermietung die Einnahmesituation nachhaltig verbessert.

In Zahlen ließt sich dieses "Mehr an Südstadt" so:
- 19 % mehr Wohnungen
- 52 % mehr Wohnfläche
- 32 % mehr Miete pro qm
101 % mehr Mieteinnahmen.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

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